Bullenkloster

...hab ich ganz selbstverständlich und unreflektiert gebraucht – so hieß der Block!

Wert: Respekt
Autorin: A.J. aus Lübeck

Mich begleitet ein Ereignis, seit ich in die Schule kam.

Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen. Alle waren ein Teil der Gemeinschaft – hatten mehr oder weniger den gleichen Lebensstandard. Einzelhaus, Auto usw. Alle, außer die, die im einzigen Wohnblock des Dorfes lebten. Die allgemein gebräuchliche Bezeichnung „Bullenkloster“ hab ich ganz selbstverständlich und unreflektiert gebraucht – so hieß der Block! In diesem Block lebten die, die außerhalb der Gemeinschaft standen. Die mit den wahnsinnig vielen Kindern, die, die man ärgern durfte. Ich habe das natürlich auch gemacht.

Mein Vater hatte diesen Künstlerfreund – Anti-Atomkraft-Sticker, Strickmütze, lange Haare. Der unterrichtete Kunst an unserer Dorfschule. Ich kannte die Gespräche der beiden: immer am Rande des Streits: total kontrovers über Werte, Sichtweisen, die haben das geliebt. Ich war immer mit großem Respekt am Lauschen. Ich habe gemerkt: die drehen alles von innen nach außen, das hat mich beeindruckt.

Auf dem Schulhof spürte ich plötzlich, wie dieser Freund meines Vaters mich dabei beobachtete wie ich die armen Bullenkloster-Kinder mit der Dorfmeute um das Gebäude jagte. Mir wurde meine ganze geballte frevelhafte Respektlosigkeit ihnen gegenüber klar. Ich fühlte mich schrecklich ertappt – ich hatte mich selbst ertappt. Ich blieb stehen. Und lief nie wieder hinter ihnen her. Später war ich im Bullenkloster zu einem Kindergeburtstag eingeladen – war eigentlich ziemlich super da.

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