Die Fisch-Tasche

Wert: Freundschaft
Autor: R.H. aus Berlin

DIE FISCH-TASCHE

Am Ende einer dreimonatigen Station in Beijing, China, verabschiedete ich mich von meinen Kollegen. Eine chinesische Kollegin namens Yue schenkte mir diese Umhängetasche. Ich war sehr überrascht; nach „deutschem“ Verständnis wären wir höchstens Bekannte gewesen.

Wir haben nicht zusammen-, noch nicht einmal für das gleiche Projekt gearbeitet, uns aber immer wieder in größeren Runden (meist zum Essen) getroffen. Ich weiß wenig Persönliches über sie. „Du bist eine besondere Person“, sagte sie zu mir, „weil du freundlich und offen bist und dir Mühe gibst, unsere Sprache zu lernen. Ich habe mich sehr gefreut, dich kennenzulernen!“ Tatsächlich hatte ich mich während der Zeit in China sehr bemüht, so viel Alltagschinesisch wie möglich zu lernen und meine Kollegen mit meinen Sprachversuchen oft erheitert, manchmal überfordert und hin und wieder beeindruckt. Immer hatten wir ein verlässliches Gesprächsthema.

Sie erklärte mir weiter, dass Fische in China ein Symbol für Wohlstand seien, aber auch für Ausdauer und Hartnäckigkeit. Die Tasche solle mich an meine Zeit in China erinnern, und daran, dass es Zeit dauert bis man etwas meistert.

Mich erinnert die Tasche darüber hinaus an Yue und an meine Freude über ihre Freude an meinen Bemühungen. An die Nähe, die dadurch plötzlich spürbar war. Daran, dass menschliche Nähe immer auf Offenheit für Neues beruht. Dass der Beginn und die Nahrung jeder Freundschaft der Versuch ist, den anderen zu verstehen, egal ob man dafür Sprachbarrieren überwindet oder kulturelle Unterschiede oder „nur“ unterschiedliche Ansichten.

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