Die Glocke

Autorin: D.E. aus Lübeck
Wert: Respekt

Jeden Dienstag zum abendlichen Läuten der Glocken…

…im Hochschulstadtteil weiß ich es wieder: Zu diesem Sound ist er in meinen Armen gestorben, er ist wirklich tot. Schon seit neun Monaten und nach drei Jahren Krankheit, die sich wie eine ungeliebte Geliebte zwischen meinen Mann und mich drängte. Die Krebserkrankung, die er nicht gesucht hatte, die ihn fand und unnachgiebig ihren Respekt forderte: Kapriziös war sie. Wir respektieren sie und richten unser Leben demütig nach ihren und den Corona-Launen aus.

Aber wie kann ich meinem Mann noch liebevoll und respektvoll begegnen, wenn die Krankheit sein Wesen so verändert, dass er nicht mehr der ist, den ich meinte zu kennen? Wohin mit der großen Wut auf das ungelebte gemeinsame Leben? Wohin mit unserer dauernden Traurigkeit? Was ist heute noch wichtig, fragen wir uns jeden Tag. Worum geht es denn eigentlich, frage ich mich jeden Dienstag, wenn die Kirchenglocken läuten.

Übrigens sind wir mit seiner Familie heute noch freundschaftlich verbunden.

Eine Geschichte über Respekt

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