Die Kette

Wert: Respekt
Autorin: A.E. aus Lübeck

Ein sommerlicher Nachmittag. Wieder in Berlin…

Wieder in Berlin. So wie in jeden Ferien. Meine Mutter, meine Schwester und ich. Und obwohl draußen die warme Sonne scheint, sitzen wir in einer Wohnung in Köpenick. Genau genommen in der Wohnung unserer Uroma. Hier sind wir oft. Wir hören ihren Geschichten zu, oder erzählen etwas aus unserem Leben, damit sie an unserem Leben teilhaben kann. Heute kommen wir zum Thema Heirat. Sie erzählt uns von ihrer Hochzeit. Wir spekulieren, wann meine Schwester und ich wohl heiraten. Wir sagen immer, dass unsere Uroma das noch miterlebt. Plötzlich holt diese ihr altes Hochzeitskleid hervor. Zum Spaß ziehe ich es an. Ich möchte gar nicht heiraten. Es ist weiß, schlicht und weist ein paar Altersflecken auf. Ich finde, es fehlt noch eine Kette. Meine Uroma holt eine kleine Schachtel mit Schmuck. Mir fällt sofort eine unauffällige altmodisch auffällige Kette ins Auge. Ich lege sie um. Die Augen meiner Uroma strahlen. Ich frage sie, ob ich die Kette erben könne. Doch sie will es nicht. Stattdessen schenkt sie mir die Kette aus lebenden, alten Händen. Immer wenn ich die Kette trage, denke ich an sie. Ihre Liebe zu uns und unsere Liebe zu ihr.

Da ich neben dem Gastgeber saß, wurde mir als besondere Ehre zum Abschluss des Essens der Entenkopf serviert, alle Augen auf mich gerichtet mit der Aufforderung, einen Teil davon zu essen. Aus Respekt vor dem Gastgeber und dem Land nahm ich erneut meine Stäbchen und habe unter lautem Beifall etwas von den Innereien gegessen.

Übrigens sind wir mit seiner Familie heute noch freundschaftlich verbunden.

Eine Geschichte über Respekt

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