Selbstverwirklichung

Die Mauer

Die Mauer

Einen inneren Jubelschrei verspürte ich als Schabowski im DDR Fernsehen stotternd die Reisefreiheit in den Westen bekannt gab. Mit Freunden überzeugten wir uns am Folgetag in Berlin Bornholmer Straße, wo die Menschen vor Freude auf der Mauer tanzten. Lautstark waren Schmährufe zu hören tausende gaben so ihre ablehnende Haltung der DDR Politik bekannt. Pausenlos schallte der Ruf über die Köpfe der Massen hinweg, die Mauer muss weg, die Mauer muss weg. Die Mauerspechte waren emsig dabei sich Brocken aus der Schandmauer zu stemmen und leiteten so den Fall der Mauer ein. Ein zehn Jähriger Junge fiel mir auf, der mit Meißel und Fäustel sich mühte, einen Brocken für sich zu sichern. Ihm eilte ich zu Hilfe um auch für mich ein Stück Unrecht mitzunehmen. Bei meinem Stemmen mit wuchtigen Schlägen an der Mauer hatte ich das Gefühl, als schlüge ich auf meine Peiniger ein, die mich Jahrzehnte daran hinderten, selbst zu sein. Bei der Sozialisierung des Privathandwerks 1972, was einer Enteignung gleich kam setzte ich mich zur Wehr, was mir Widerstand gegen die Staatsgewalt einbrachte. Fortan ist gegen mich ermittelt worden, was letztendlich zu meiner Verhaftung führte. Dem folgten eine Festnahme und ein Schauprozess was mit dem Strafmaß 3 Jahre und 6 Monate Haft endete. Hier ist wie in Diktaturen üblich eine Rechtsbeugung vorgenommen worden. Der Arbeiter und Bauernstaat hat mir nicht nur mein Eigentum genommen, er hat mich auch Entrechtet, Geschunden und Geschlagen. Nach der Wende beantragte ich meine Stasi Akte, die den Beweis erbrachte wie Menschenverachtend und verbrecherisch gegen mich vorgegangen ist. Mein Antrag auf Rehabilitierung hat ein Gericht positiv entschieden es ist auch eine Finanzielle Entschädigung ergangen. Somit bekam ich die Möglichkeit meinen Handwerksbetrieb wieder zu eröffnen, der jetzt von meinem Sohn weiter geführt wird. Bislang nutze ich mein Rentnerdasein alle Höhen und Tiefen meines Lebens in vier Bücher zu veröffentlichen. Als Lebens und Zeitzeuge halte ich es für meine Pflicht mit Vorträgen in Schulen, Gedenkstätten und Versammlungen an der Aufarbeitung der Verbrechen des DDR Unrechtsstaates Teil zu nehmen. Es blieb mir nicht erspart mehrere Diktaturen zu erleben, die immer dem Menschen ihren Willen und Weltanschauung aufzwangen. Erst in der zweiten Hälfte meines Lebens konnte ich dank der Wiedervereinigung, die Persönliche Freiheit genießen. Für mich ist es ein Geschenk des Himmels, selbst über mich zu bestimmen und nicht mehr den Würgegriff spüren müssen.

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