Als ich im Herbst 2006 nach Wolfsburg kam, um nach einigen Jahren einen Freund aufzusuchen, fand ich Ihn nicht unter seiner Adresse, sondern im Krankenhaus. Von dort sollte er am nächsten Tag in ein Pflegeheim kommen, weil er erblindet war und dass zur Dialyse und einem künstlichen Darmausgang noch häufiger die Atemnot dazukam. Er erzählte, dass er dort nicht hin möchte, sondern zurück in seine Wohnung. Der Betreuer war auch da, und so kamen mein Freund und ich überein, dass ich eine Wohnung dort miete, wo er gelebt hatte, damit er sich als Blinder trotz- dem auskennt. Das funktionierte, und so habe ich ihn noch bis Februar 2012 in unserer gemeinsamen Wohnung gepflegt. Dazu habe ich zwei kleine Kinder mit im Haushalt alleine erzogen. Die Werte wie Respekt, Freundschaft und Toleranz wurden jeden Tag umgesetzt und dienten auch dem Vorleben für meine beiden Jungs. Beide Söhne wurden mit Zeitabstand Stadtschulsprecher, gerade auch wegen ihres starken sozialen Verhaltens, einer der Söhne wurde 2015 „Wolfsburger des Jahres“ unter den Jugendlichen. In den ganzen Jahren hing ein von mir gemaltes Ölbild über dem Bett von dem Pflegefall R. L. Es vermittelte Menschlichkeit und den Mut zur Stärke. R. L. hatte viele gute Jahre, lernte alleine mit dem Bus in die Stadt zu fahren und kam dort zurecht. Er bekam eine gesündere Ernährung und täglichen Zuspruch, wenn er wieder in eine negative Stimmung abgleiten wollte. Auch die Jungs gaben ihm seelischen Halt. Eine Geschichte über Freundschaft Heute sind die beiden Söhne längst ausgezogen, es gibt immer noch die größere Wohnung, und da ich zu viele Jahre aus dem Berufsleben ausgeschieden war muss ich, als ein SGB II Empfänger, wegen einer zu großen Wohnung die Miete teilweise selber tragen. Vom Regelsatz bleiben nur 140 Euro im Monat zum Leben.