Diese Postkarte stammt aus dem Geburtsort meines Großvaters, in Norditalien, unweit von Venedig. Ich habe sie heute beim Aufräumen und Durchstöbern alter Fotos wieder gefunden. Etwas, das man alle paar Jahre mal macht, wenn man einen Moment der Nostalgie und Ruhe erwischt, oder halt, wenn man gezwungen ist, zuhause zu bleiben. Mein Vater schrieb mir diese Karte als ich 4 1/2 Jahre alt war, sie ist 31 Jahre alt, von 1989. Da stand die Mauer noch... Nun schreiben wir 2020, ich bin seit zwei Monaten selber Vater und mein Vater ist Opa. Ich lebe in Berlin und meine Eltern fast 600km entfernt in Nordrhein-Westfalen. Eigentlich wollten wir im Mai mit unserer Tochter nach Italien reisen, uns dort wiedersehen und damit bereits die 5. Generation unserer Familie, im Haus meiner Ur-Großeltern, willkommen heißen. Momentan sieht es nicht danach aus, dass wir diese Reise antreten können. Wer weiß, ob wir in diesem Jahr überhaupt dazu kommen werden, das alte Haus zu besuchen. Natürlich macht man sich auch Gedanken, in welche Welt gerade dieses kleine unschuldige Wesen hineingeboren wurde. Aber trotz allem bleibe ich positiv und habe keinen Zweifel, dass wir gestärkt aus dieser Sache gehen. Ich sehe die Karte, blicke in die Vergangenheit und weiß, dass es auch auf Distanz und jetzt in sog. sozialer Isolation, eine Kraft gibt, die uns zusammenhält. Und ich blicke in das lachende Gesicht meiner Tochter, gleich als erstes am Morgen und weiß, da liegt noch viel gutes in der Zukunft für uns.