Respekt

Steinherz

Steinherz

Sie waren arm, nein, sagen wir lieber sie waren nicht wohlhabend, meine Großeltern. Ende des 19. Jahrhunderts geboren erlebten und überlebten sie zwei Weltkriege, gründeten zwischen diesen beiden Kriegen ihre Familie und bekamen fünf Kinder. Die Zwillinge lebten nur wenige Monate. Sie starben beide an Keuchhusten. Ihr Vater, mein Opa Franz, war Malermeister. Also bemalte und lackierte er selbstverständlich die beiden Kindersärge sorgfältig und liebevoll, denn mehr konnte er für seine beiden Kinder nicht mehr tun. Das war für ihn eine Ehrensache. Für meine Großeltern waren so viele Herausforderungen, die sich ihnen zeitlebens in den Weg stellten, Ehrensachen. Selbstverständlich nahmen sie meinen Bruder und mich bei sich auf, als unsere Mutter – viel zu früh – verstarb. Auch für mich gab es ab jetzt natürlich Zeiten, die von ganz viel Traurigkeit, Entbehrungen und Sorgen rückblickend nicht leicht gewesen sein können. Die prägenden Bilder aus dieser Zeit sind für mich allerdings die schönen Erinnerungen an Oma und Opa. Sie waren immer da! Sie waren liebevoll, einfühlsam, genügsam und stets freundlich und wohlwollend. Meine Oma war eine großartige Geschichtenerzählerin. Sie kannte in allen möglichen Lebenslagen, zu jedem Anlass, zu jedem Festtag eine passende Geschichte und ich konnte von ihren Geschichten gar nicht genug bekommen. Manche wollte ich immer und immer wieder hören. Sie waren spannend, manchmal ein bisschen gruselig, aber auch witzig und heiter. Schließlich nahmen sie immer ein gutes Ende. Gott sei Dank! Das war wunderbar und suggerierte mir, dass ganz bestimmt alles gut wird. Wie gut ich mich doch auskannte, mich in diesen Geschichten doch zurechtfand! Das machte mich ein bisschen stolz, gab mir stets ein Gefühl von Zuversicht, Zugehörigkeit und Sicherheit. Ich kann meiner Oma gar nicht genug für diese Rituale, für ihre wunderbaren Gedichte und Geschichten danken. Sie zaubern mir bis heute noch immer so viel mehr als ein Lächeln ins Gesicht. Bis heute fühle ich, wenn ich an Omas Geschichten denke, wie heilsam sie waren und dabei wird mir ganz warm ums Herz.

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Haustürschlüssel
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