Heute ist Freitag, was kann man da schon anderes erwarten?! Mir ist ein Knopf
von meiner Lieblingsstrickjacke abhandengekommen. Nicht, dass ich
irgendwo hängengeblieben wäre und ihn abgerissen hätte! Nein, alle Gewalt
liegt mir fern! Er ist einfach abgefallen. Nun sind Abende vor dem Kamin vor
allem in Winterszeiten ohne diese Strickjacke unvorstellbar. Sie ist ein unverzichtbarer
Bestandteil eines gemütlichen und erholsamen Fernsehabends. Was
soll nun bloß werden? Na ja, erst einmal wird es auch so gehen! Außerdem wird
es bald Frühling und wenn es dann etwas wärmer ist, knöpfe ich die Jacke ja
nicht mehr zu, da geht es auch ohne den Knopf.
26. August
Beim Aufräumen in einer Schrankschublade ganz unten, die ich normalerweise
nie öffne, weil das so unbequem ist, sich so weit nach unten zu beugen, fiel
mir ein kleines, rosafarbenes Muschelkästchen mit Nähzeug in die Hände,das ich – glaube ich – zur Konfirmation geschenkt bekommen habe. TypischesGeschenk einer entfernten Tante, die ich nie gesehen habe und die „Kai“
vermutlich für einen Mädchennamen gehalten hat. Als ich es schon in den
üllbeutel stecken wollte, fiel mir meine Strickjacke wieder ein. Vielleicht
ergäbe sich jetzt ja eine Möglichkeit zur Reparatur. Dass ich die schaffen würde,
stand natürlich völlig außer Zweifel. Wir sind zwar Junggesellen und manches –
Weniges! – können einige weibliche Wesen manchmal – wirklich nur
manchmal! – ein bisschen besser als wir, aber einen Knopf anzunähen gehört
nun ganz bestimmt nicht dazu! Also werde ich mich bei nächster Gelegenheit
und einem langweiligen Fernsehprogramm mal meiner Lieblingsstrickjacke
widmen.2. September
Wo ist bloß der verdammte Knopf geblieben?
8. September
Heute habe ich zum ersten Mal nach ewiger Zeit wieder eine Mandarine
gegessen. Dabei ist mir ein Stück von der Schale aus der Hand gefallen und in
die Polsterritze meines Fernsehsessels gerutscht. Als ich versuchte, sie
herauszufischen, wurde ich auch mit anderen Dingen fündig. Neben der Schale
brachte ich noch ein silbernes 5-DM-Stück, ein lang vermisstes Schweizer
Taschenmesser und einen Knopf ans Tageslicht. Tatsächlich, es war der
Jackenknopf!
12. September
Es ist wie verhext! Heute ist mir noch ein Knopf von der Jacke abgefallen.
Wieder weiß ich nicht, wieso. Ich legte ihn zu dem anderen auf meinem
Couchtisch. Jetzt wird es wirklich Zeit, die Reparatur zu vollziehen. Bald
kommen wieder kalte Tage und da ich die Jacke über meinem Bauchnabel nicht
mehr schließen kann, bleibt für kalte Luft eine große Eintrittspforte offen.
Entsetzlicher Gedanke.
13. September
Das Entfernen der Reste des zerrissenen Nähgarns der beiden Knöpfe
stellte sich als nervenaufreibende Aufgabe heraus. Da hatte jemand wohl ohne
Plan ganz einfach kreuz und quer den Faden nach Lust und Laune durch die
vier Knopflöcher geführt, sodass man ihn nicht einfach herausziehen konnte,
sondern immer wieder neu ein Ende freilegen und einzeln entfernen musste.
Das kann nur eine Frau gemacht haben! Nachdem ich alle Fadenreste entfernt
hatte, war ich so geschafft, dass ich im Sessel eingeschlafen bin und daher die
Knöpfe nicht mehr annähen konnte.
14. September
Sonnabend! Frei! Ausschlafen, frühstücken, Zeitung lesen, Sporttasche packen, essen gehen! Da ich sonst nichts zu tun und noch reichlich Zeit vor meinem
Tennistermin hatte, nahm ich die reparaturbedürftige Jacke und nähte die beiden
Knöpfe an. Immer schön ordentlich erst den Faden drei, vier Stiche durch
das eine Lochpaar im Knopf geführt, dann wechseln und das andere Lochpaar
ebenfalls mit einigen Fadenschleifen beglücken. Das Garn einige Male unter
dem Knopf herumgedreht, einmal festgesteckt, fertig! Schnipp und schnapp,
der Faden ist ab! Na, wer sagt es denn?
21. September
Schon wieder Sonnabend. Ich muss mich beeilen, habe zu lange geschlafen.
Heute kommt Renate, meine Putzfrau. Kann ich alles auch selber, aber Renate
arbeitet schnell und gut und für den Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde.
Billiger bekomme ich das nie, und ich kann während der Zeit zum Frühstücken
mit den Jungs in die Vereinskneipe gehen.
Als ich meine perfekt reparierte Lieblingsstrickjacke anziehen will, springt ein
Knopf ab. Tatsächlich! Nicht zu fassen! Ein von mir angenähter! – Und der
andere hängt bedenklich locker herunter und hilft nicht mehr, meinen Bauch
zu verdecken. Während ich noch unter dem Tisch herumkrieche, um den Knopf
wiederzufinden, geht die Wohnungstür auf und Renate kommt herein. Als sie
mich unter dem Tisch herumkriechen sieht, bekommt sie einen Lachanfall, der
trotz schrecklichster Drohungen von mir nur sehr zögerlich aufhört und in ein
verdächtiges Glucksen übergeht.
Auf ihre drängenden Fragen muss ich ihr von meinem Malheur erzählen. Grinsend
verschwindet sie in meiner Abstellkammer und kommt nach wenigen
Sekunden mit einer großen Kiste wieder, die sich als Nähkasten erweist. So
etwas besitze ich und das steht in der Abstellkammer?
Renate würdigt mich keines weiteren Blickes, zerrt mir die Jacke vom Leib,
bemächtigt sich meines Knopfes, und ehe ich richtig weiß, was geschieht, hat
sie die zwei Knöpfe angenäht, mir die fertige Jacke hingeworfen und ist samt
Nähkasten in der Küche verschwunden. Ich ziehe die Jacke an und mache, dass
ich zu meinem Frühstück im Vereinsheim komme.5. Oktober
Schon wieder Sonnabend. Ich muss mich beeilen, Renate kommt gleich. Die
Knöpfe an der Jacke halten einwandfrei. Renate kann wohl doch mehr als nur
sauber machen. Jedenfalls Knöpfe kann sie besser annähen als ich, obwohl ich
das ihr gegenüber nie zugeben würde. Allerdings – ab heute werde ich ihr zehn
Euro pro Stunde zahlen, sonst kommt sie vielleicht nicht wieder. Das wäre entsetzlich!