Freiheit

Becher

Becher

Meine Großmutter wurde im Jahr 1933 in einem polnischen Dorf geboren. Während des Zweiten Weltkriegs durchsuchten es die deutschen Soldaten und fanden in einem Haus Alkohol aus eigener Produktion, was zu diesem Zeitpunkt verboten war. Die deutschen Soldaten holten daraufhin alle Bewohner*innen des Dorfes auf einen Platz und trugen den Männern auf, Löcher aus dem Boden zu heben. Nachdem sie die Gruben ausgehoben hatten, mussten sie sich an den Rand stellen und wurden einer nach dem anderen
erschossen. Als mein Urgroßvater an der Reihe war, sagte er etwas auf Deutsch und wurde mit seiner Familie verschont. Allerdings ließen die deutschen Soldaten sie nicht in dem Dorf zurück, sondern nahmen sie mit nach Deutschland, wo meine Familie auseinandergerissen wurde. Meine Großmutter und ihre Schwester kamen auf einen Bauernhof, um dort zu arbeiten. Die Tagesration, die sie zu sich nahmen, reichte zwar zum Überleben, aber meine Großmutter litt an Hunger und magerte ab. Eines Tages, es muss das Ende des Krieges gewesen sein, sah meine Großmutter Rauchschwaden und folgte ihnen. Das Feuer wurde von amerikanischen Soldaten verursacht, die unterschiedliche Gegenstände verbrannten. Ein junger Soldat aß Schokolade und trank aus dem Metallbecher. Meine Großmutter schaute ihn mit großen Augen an und als er sie in ihrem Zustand sah, reichte er ihr den Großteil seiner Schokolade und gab ihr etwas in dem Becher zu trinken. Meine Großmutter war sehr dankbar für diese freundschaftliche Geste – ein Akt der Nächstenliebe – und bewahrte den Becher ihr Leben lang auf.

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