Seit ich denken kann, stehen diese irgendwie aus der Zeit gefallenen, braunen Suppentassen bei uns im Schrank. Sie waren immer etwas Besonderes und auch wenn sie nicht mehr dem aktuellen Trend entsprachen, wurden sie nie weggepackt. Dafür sind sie auch viel zu weit gereist. Meine Eltern haben 1987 geheiratet und natürlich wurde auch die Verwandtschaft meines Vaters aus Ostdeutschland eingeladen. C., ein Cousin meines Vaters, musste alleine anreisen, da seine Frau und die Kinder als "Pfand" in der DDR bleiben sollten. Ihm war schon einmal angeboten worden, dass er bei seiner Arbeit in der "Schwarzen Pumpe" nur noch Tagschichten machen müsste, wenn er seine Westkontakte abbrechen würde. Aber für ihn kam das nicht in Frage. Und jetzt war er endlich auf dem Weg in den Westen, den er noch nie zuvor besucht hatte. Im Schlepptau hatte er eine Sporttasche mit dem Hochzeitsgeschenk für meine Eltern: Tongeschirr aus dem Erzgebirge. Ein vielteiliges Set, mit allem Drum und Dran - vom Salz- und Pfefferstreuer bis zur Salatschüssel. Meine Mutter ist noch heute beeindruckt, wie er das schwere Geschirr in einer Sporttasche die ganze Zugfahrt bis in den Schwarzwald geschleppt hat. Mein Vater ist mittlerweile gestorben, die DDR ist Geschichte, aber die Suppentassen sind immer noch bei jedem Familienessen zu finden. Sie sind ein Symbol für Familienbande, die Mauern überwinden können.