In meiner täglichen Arbeit in der Schule spielt die Vermittlung von Werten für mich eine zentrale Rolle. Natürlich müssen Kinder und Jugendliche Kompetenzen erlernen, die ihnen ermöglichen, einen erfolgreichen Weg durch Ausbildung oder Studium ins Berufsleben zu gehen. Ich sehe mich in meinem Beruf aber nicht als reiner Vermittler von Kompetenzen, sondern ich bin davon überzeugt, dass es meine Aufgabe ist, Werte zu vermitteln.
Dem Wert „Respekt“ räume ich innerhalb des von mir vermittelten Wertekanons einen besonders hohen Stellenwert ein. Ich fordere Respekt von meinen Schülerinnen und Schülern im Umgang mit mir und im täglichen Umgang miteinander. Gleichzeitig lebe ich diesen Wert vor, indem ich jedem einzelnen von ihnen - unabhängig von ihrem situativen Verhalten – uneingeschränkten Respekt entgegenbringe. Diesen Wert immer wieder aufs Neue einzufordern und jungen Menschen klarzumachen, dass dieser Wert nicht verhandelbar ist, erfordert Kraft und Anstrengung. Die jungen Menschen mit denen ich arbeite, bekommen häufig zuhause nur noch wenig von dem vermittelt, was im sozialen Umgang elementar ist: Höflichkeit, Wertschätzung und Respekt. Dass man nicht nur seinem Lehrer, seinen Klassenkameraden oder der besten Freundin, sondern auch dem vermeintlichen „Feind“ mit Respekt entgegentritt, ist für viele neu.
In einer Zeit, in der die Werte unserer Gesellschaft so bedroht sind, wie lange nicht mehr, ist es wichtig diese offensiv, tatkräftig und unbeirrt zu vertreten und zu vermitteln. Respekt vor den Mitmenschen, gleich welche Hautfarbe sie haben, wen sie lieben, welchen Gott sie anbeten und welche Meinung sie vertreten, das ist ein Kern unserer Gesellschaft, der zurzeit von innen und von außen angegriffen und in Frage gestellt wird. Ich möchte meine Schüler zu Rittern machen, die bereit sind für diesen Wert zu kämpfen und unsere Idee des Zusammenlebens in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu verteidigen.
Bis es soweit ist, werde ich weiterhin aufreibende Auseinandersetzungen mit jungen Menschen führen und ihnen auf die Nerven gehen mit meinem Gerede vom Respekt. Wenn dann am Ende des Schuljahrs diejenigen, mit denen man die größten Konflikte ausgetragen hat, auf mich zukommen und mir sagen: „Danke, Herr R. . Danke, dass sie uns ertragen haben, dass sie mit uns diskutiert und gestritten haben, dass sie uns unterstützt und verteidigt haben, egal wie anstrengend wir waren“, dann weiß ich, dass es sich lohnt.