Dieser Hobel steht als Symbol für den Respekt, den ich vor meinem Vater
besonders in seiner letzten Lebensphase hatte, sowie für das Hospizhaus in
Wolfsburg.
Nach dem Tod meiner Mutter erhielt mein Vater nur zwei Monate später die
Diagnose Bronchialkarzinom mit Lebermetastasen. Eine surreale Zeit für uns
alle. Den Tod meiner Mutter konnten wir kaum verarbeiten und nun der
nächste Hammerschlag. Die Ärzte sagten, es gäbe keine Heilung, nur noch eine
palliative Chemotherapie käme infrage. Mein Vater nahm die Nachricht mit
Ruhe und sehr gefasst auf. Die Ärztin, die die Diagnose gestellt hatte, war sehr
überrascht vom Verhalten meines Vaters, denn als Ärztin hat sie schon ganz
andere Reaktionen erlebt. Mein Vater ist ein bescheidener und pragmatischer
Mensch gewesen. Mit seiner schweren Rheumaerkrankung hatte er gelernt
umzugehen, dann kam der Tod seiner Frau, schließlich seine Krebsdiagnose:
„So schlimm es auch ist, ich kann es nicht ändern, es ist wie es ist“, sagte er.
Mit Beginn der Chemotherapie wohnte ich zeitweise bei meinem Vater.
Die Chemo wurde schnell abgebrochen. In seinen letzten drei Monaten zog ich
wieder bei meinem Vater ein, um mich um ihn zu kümmern, mithilfe von Ärztin,
Pflegedienst und ambulantem Hospizdienst. Es war eine sehr intensive Zeit,
die ich mit meinem Vater verbrachte. Wir entdeckten neue Gemeinsamkeiten in
unseren Persönlichkeiten und Spleens. So gingen wir früher gern
gemeinsam auf Flohmärkte. Mein Vater zog mich mit meinen Büchern auf, ich
ihn mit seinem Werkzeugfimmel. Ich kann nicht sagen, ob und was für innere
Kämpfe mein Vater mit sich in der kurzen Zeit, die im verblieb, ausgefochten
hat. Nach außen hin war er immer die Ruhe selbst, offen, freundlich und auf
Mithilfe bedacht. Auch im Hospiz – bis der endgültige Abschied kam.
Für diese Zeit mit meinem Vater, wie mein Vater mit seinem Schicksal umging,
für die Betreuung, die mein Vater erhielt und die wir Angehörigen erhielten, gibt
es zwei Worte: Respekt und Dankbarkeit. Seit seinem Tod steht der Hobel bei
mir im Bücherregal.
