Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in England kehrte ich 1970, nachdem Willy Brandt Bundeskanzler meines Landes geworden war, wieder nach Deutschland zurück. Er verkörperte für mich noch viel mehr als „Respekt, Freundschaft, Toleranz und Freiheit“. In einem Land mit diesem Regierungschef und aufregenden Werten aus dem Erbe der 1968er wollte ich mich daran beteiligen, zukunftsfrohe Veränderungen zu schaffen. Nach aktiven fünf Jahren als Mitglied der Sozialdemokratie und dem Kennenlernen von piefigen und zunehmend akademisch gebildeten und beamtisch handelnden Mit gliedern, die gar nicht bereit waren, Veränderungen zu wollen, verließ ich die Partei unter emotionalen Qualen. Später, nachdem doch nicht mehr Demokratie gewagt worden war und Helmut Kohl das Land beherrschte, schuf ich Mitte der 1980er-Jahre diese Collage. Zunächst hing sie an einer Wand im Flur meiner Wohnung. Je mehr sich aber die Sozialdemokratie in einer Weise veränderte und gleichzeitig nicht veränderte, mich aber in Gefahr brachte, ein Gegner zu werden, versenkte ich das Werk in den Keller. Später fand ich nur noch an einer Stallwand Platz für diese Partei, an der ich trotz alledem noch hing. Die Collage vermoderte ohne mein Zutun in den jetzigen Zustand. Muss ich noch betonen, dass diese Entwicklung wahrscheinlich noch nicht abgeschlossen ist? Wie wird die Collage, hänge ich sie fünf weitere Jahre in den Stall zurück, dann aussehen? Wird die Partei, der ich ziemlich tief innen immer noch emotional verbunden bin, dann politisch für die Erringung von Respekt vor Menschen, zur Aufrechterhaltung von Freundschaften in Europa, zur Praktizierung der Toleranz eines Lessing, in dessen letztem Wohnort ich woh ne, und zur Bewahrung meiner und aller Freiheit noch Kraft haben, hierfür mitzuwirken? Angesichts schon stündlich berichteter Vorgänge in Chemnitz erringen die ge wählten Wertebegriffe eine ungeheure Aktualität.