Solidarität

Vom Erinnern an die Zukunft

Vom Erinnern an die Zukunft

Im März 2020 begrüßten wir das Museum für Werte in Chemnitz. Gemeinsam mit dem MfW und Freunden planen wir für Herbst 2020 eine Ausstellung für multimediale Kunst, die sich mit dem gesellschaftlichen Erbe der „Treuhandanstalt“ und Umbruchsmomenten im Allgemeinen in Gegenwart und Zukunft auseinandersetzen möchte. Bis dahin waren wir der Annahme, die Stadtgesellschaft braucht diese Ausstellung, um ein ganzheitliches Gefühl vermittelt zu bekommen, was die „Treuhand“ und die damit verbundenen Umbruchsprozesse für die Menschen in Ostdeutschland bedeutet haben. Als „junge“ Menschen hatten wir derartige tiefgreifenden Transformationsprozesse persönlich bis zu dem Zeitpunkt nie erlebt. 
Einem gefühlten Wimpernschlag später sehen wir schreckliche Bilder von kranken Menschen in überforderten Krankenhäusern, massive Eingriffe in Persönlichkeitsrechte, existenzielle Ängste von Menschen vor das was kommen wird und überall Schlagzeilen mit panisch-ängstlichen Headlines. 
Wir stehen mit der Corona-Pandemie mittendrin in einer globalen Krise und einem Umbruchsmoment der mit hoher Wahrscheinlichkeit unsere Art des Zusammenlebens verändern wird. Wir erleben gerade eine Art Schocktherapie für die Gesellschaft, wo alles das wir in Vorbereitung für die Ausstellung taten auf einmal so belanglos erscheint. Der Kulturbetrieb, der wie eine zarte Pflanze über Dekaden nach der Wiedervereinigung aufgebaut wurde, steht vor großen Herausforderungen und auch wir stehen vor Fragen - Macht es Sinn im Herbst diese Ausstellung zu machen und werden wir dazu überhaupt wirtschaftlich und rechtlich in der Lage sein? Werden befreundete Künstler:innen, Macher:innen in Kultureinrichtungen überhaupt in der Lage sein Kunst und Kultur zu gestalten? Zu viele Fragen, die in ihrer Tiefe zu Lähmung und Gefühle der Beklemmung und Ratlosigkeit führen. 
So war es ein kleiner Lichtblick diese Woche, als ich eine Einladung zum Club Atomino erhielt. Live-Streams aus Clubs bieten in der Isolation zu Haus ein Moment der Rückbesinnung an die endlosen Stunden in Clubs, wo man abschalten und die Welt hinter sich lassen konnte. So besinnlich die Erinnerungen sind, umso befremdlicher ist es auf einmal mit seinen Platten in einem spartanisch eingerichteten Filmstudio zu stehen, wo im Sicherheitsabstand vereinzelte Teammitglieder das Set nach hygienischen Standards arrangieren. Solidarität und Freundschaft sind essentielle Werte, die wir in solche einer Situation brauchen und so war es ein herzerwärmender Moment die Schallplatte „AG GEIGE in Love“ des Chemnitzer Labels Atomino-Tonträger zu spielen, die tolle Remix-Stücke der Dada-Kraut Band AG Geige beinhaltet. 
Ich möchte mich mit der Schalplatte symbolisch solidarisieren mit allen Künstler:innen, Kultur- & Kreativschaffenden, die gerade vor existenziellen Fragen stehen und in naher Zukunft weitere schwierige Stunden durchleben müssen. Krise bedeutet auch Chance für Neues und ich hoffe das wir als Gesellschaft nach der Krise positiven Lehren verinnerlichen werden. Wir können gerade jetzt Diskurse anregen über ein bedingungsloses Einkommen, dass uns mehr viel mehr ermöglicht als ein pflichtbewusster „Broterwerb“. Umso mehr Kunst und Kultur als den Kit zu begreifen der unsere Gesellschaft verwebt und wie wichtig ist es die innigen, friedlichen Momente über die „ruhigeren“ Osterfreiertage als notwendige Entschleunigung unseres Lebens zu betrachten. Ich bin gespannt auf das was kommen wird…

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