Ein Dialog über Freiheit, Staatenlosigkeit und die Macht des Geistes
Was bedeutet Freiheit, wenn du offiziell zu keinem Land der Welt gehörst? Im Dialog mit dem Museum für Werte teilt die Aktivistin Christiana Bukalo ihre tiefgreifende Geschichte. Es ist eine Erzählung über die schmerzhaften Realitäten der Staatenlosigkeit, die Grenzen der Reisefreiheit und die Entdeckung, dass der einzige wirklich freie Ort manchmal der eigene Geist ist.
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Der Schock: Wenn ein persönliches Schicksal zur globalen Krise wird
Christiana Bukalo wurde staatenlos in Deutschland geboren. Doch nicht ihre persönliche Betroffenheit allein führte zur Gründung ihrer Organisation "State Free". Der eigentliche Auslöser war ein Schock. "Ich dachte, es gäbe vielleicht 50 staatenlose Menschen weltweit", erinnert sie sich. "Dann entdeckte ich, dass es 15 Millionen sind. Das hat mich unglaublich wütend gemacht." Diese Erkenntnis verwandelte ein persönliches Schicksal in eine globale Mission.
Was bedeutet Staatenlosigkeit? Die Realität hinter dem Begriff
Staatenlos zu sein bedeutet, von keinem Land der Welt als Staatsangehörige anerkannt zu werden. Es geht nicht um Gefühl, sondern um juristische Realität.
Die Erfahrung am Flughafen: Wenn Reisefreiheit endet
Die Konsequenzen sind brutal. Christiana erzählt von dem Versuch, nach Marokko zu reisen. Trotz eines gültigen Reiseausweises für Staatenlose wurde ihr die Einreise verweigert. Sie saß 20 Stunden am Flughafen fest. "In einem Reiseausweis steht, dass man in alle Länder reisen kann – aber es steht nicht wie. Das Recht zu reisen beinhaltet nicht das Recht auf Einreise." Eine schmerzhafte Lektion darüber, wie grundlegende Menschenrechte an die Staatsbürgerschaft gekoppelt sind.
Die Suche nach Freiheit: Ein Foto und eine schmerzhafte Erinnerung
Auf die Frage, was Freiheit für sie symbolisiert, wird es still. "Es fiel mir sehr schwer, etwas mitzubringen, das Freiheit repräsentiert, weil ich ehrlich gesagt nie wirklich wahre Freiheit erlebt habe." Sie zeigt ein Foto von sich als Kind. Es entstand in einer seltenen Atempause vom Leben im Asylheim, als ihre Familie auf das Haus einer verreisten Familie aufpasste.
Ein Haus mit Treppen als Symbol
"Das war wahrscheinlich das erste echte Freiheitsgefühl als Kind. Sie hatten ein Haus mit Treppen – was für viele normal erscheint, aber für mich nicht war." Diese Erinnerung zeigt, wie grundlegend und gleichzeitig unerreichbar Freiheit für viele ist.
Der Laptop als Zuflucht: Die unantastbare Freiheit des Geistes
Wo findet man Freiheit, wenn die äußere Welt sie einem verwehrt? Christiana zeigt auf ihren Laptop. Er ist ihr Werkzeug, aber auch ihr Symbol für den einzigen Raum, den ihr niemand nehmen kann.
"Wenn es emotional wirklich schwierig wird [...] erinnere ich mich daran, dass sie mir meinen Geist und meine Gedanken nicht nehmen können." In diesem Moment formuliert sie eine der kraftvollsten Definitionen von Freiheit:
"Die einzige wahre Freiheit, die ich jetzt habe und die ich zutiefst wertschätze, ist mein Geist und alles, was darin geschieht." - Christiana Bukalo
State Free: Aus innerer Stärke äußere Freiheit schaffen
Diese innere Freiheit ist der Motor für ihren Aktivismus. Mit ihrer Organisation "State Free" kämpft sie dafür, die Strukturen zu verändern und für andere staatenlose Menschen echte, greifbare Freiheit zu ermöglichen. Es ist der Akt, die eigene Resilienz in ein Werkzeug für kollektive Befreiung zu verwandeln.
Ihre Botschaft an uns alle ist ein Appell zur Empathie und Reflexion: "Reflektiert in Momenten eurer eigenen Freiheit darüber, wie dies für andere vielleicht nicht möglich ist. Versucht, das Leben so zu leben, dass ihr die Freiheiten anderer respektiert."