Meine Gegenstände zum Thema Toleranz, Internationalität ... sind kleine personalisierte, nicht übertragbare Karten, mit denen Geflüchtete bis 2013 Wertgutscheine für Kleidung, Essen und Drogerieartikel in festgelegten Geschäften einlösen mussten. Als Bargeld bekam ein Geflüchteter 137 € im Monat; davon mussten Busfahrkarten, Sprachkurse, Briefmarken, Bücher, eine Karussellfahrt, Schwimmbadeintritt, ein Eis auf die Hand, eine Flasche Bier, eine Tasse Kaffee in der Stadt usw. bezahlt werden, denn all das konnte man mit den Wertgutscheinen nicht kaufen. Hatte der Geflüchtete z. B. einen Wert gutschein für Lebensmittel in Höhe von 10 €, so durften ihm bei seinem Einkauf höchstens 10 % ausgezahlt werden, d. h. höchstens 1 €. Kaufte er für 7 € ein, hatte er einen Verlust von 2 €. Manche Geschäfte gaben gar kein Rückgeld. Man bedenke, dass viele Geflüchtete, v. a. Frauen, nur kurz, wenn überhaupt, in der Schule waren. Wie sollten sie Prozentrechnung beherrschen? Wie sollten sie die Summe der im Einkaufswagen liegenden Waren so weit zusammenrechnen, dass sie möglichst nah an die 10 € herankamen, um wenig Verlust zu haben? Neben dem politischen Einsatz gegen Gutscheine u. a. mit dem Niedersächsi schen Flüchtlingsrat war konkrete Unterstützung gefragt. Diese leisteten viele, wie auch ich, indem sie Geflüchteten die Wertgutscheine abkauften und selber mit der kleinen Karte und dem Wertgutschein einkaufen gingen. So haben wir einen Teil der Diskriminierungen selbst erfahren, obwohl wir nicht einmal dunkle Haut haben. Es reicht, wenn man z. B. bei ALDI ein Produkt auf dem Band vor der Kasse liegen hat, von dem die Kassiererin nicht weiß, ob es unter „Luxusartikel“ fällt: Sie kassiert nicht weiter, klingelt, der Filialleiter kommt, die ganze Schlange hinter mir guckt auf mich, guckt, was da los ist, es fallen auch diskriminierende Bemerkungen. Manchmal soll ich meine Unterschrift auf ein Papier schreiben – das tue ich nicht, denn ich kaufe im Sinne der Wertgut scheinbesitzerin ein, ich fälsche keine Unterschrift. Dann geht die Diskussion los – je nach Situation sage ich, die Frau sei krank, ich kaufe für sie ein oder ich gehe auch offen damit um und drohe damit, den ganzen Wagen stehen zu lassen und nichts zu kaufen. Manchmal findet sich jemand in der Schlange hinter mir, der mir zustimmt – manchmal. Da ich die Identität der Geflüchteten schützen möchte, klebe ich einen schwarzen Balken über ihre Erkennungsnummer auf der Karte und auch über ihre Unterschriften. Eine nicht identifizierbare Unterschrift lasse ich sichtbar … Toleranz heißt: Du darfst neben mir leben. Respekt heißt: Ich sehe dich mit deiner Besonderheit und bewundere, wer du bist und was du tust. Solidarität heißt: Ich stehe an deiner Seite und handle in deinem Interesse.